Supervision – Zeitverschwendung oder wirkungsvoller Austausch?
Wie in den meisten psychosozialen Berufen werden auch Pädagoginnen und Pädagogen im Verlauf ihrer Karriere mit dem Thema Supervision konfrontiert und kommen nicht um die Teilnahme an Supervisionssitzungen herum. Welchen Nutzen haben die Ziele der Supervision für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer? Inwiefern ist Supervision als Instrument des Arbeitgebers zur Überwachung und Kontrolle seiner Angestellten kritisch zu betrachten?
Die Übersetzung von „Supervision“ aus dem Lateinischen bedeutet so viel wie „Überblick“ und bezeichnet eine Form der Beratung im Arbeitsleben.
Supervision für Lehrpersonen – heute wichtiger denn je
Die Entwicklung und Anwendung der Supervision im pädagogischen Kontext lässt sich auf die veränderte Rolle der Schule zurückführen, die nicht mehr nur als Bildungszentrum fungiert. Der Institution Schule kommen von der Gesellschaft immer mehr Aufgaben zu, welche beratende, sozialarbeiterische und erzieherische Funktionen umfassen. Dadurch steigen ebenfalls die Anforderungen an Lehrpersonen und die Nachfrage nach deren Unterstützung wird grösser.
Supervision heißt nicht „Kontrolle“
Wenn es ums Thema Supervision geht, fühlen sich manche Pädagoginnen und Pädagogen kontrolliert, was vermutlich damit zusammenhängt, dass in den Anfängen der Geschichte in den USA mit Supervision tatsächlich die konkrete Praxisberatung und Überwachung durch einen Vorgesetzten gemeint war. Dieses Vorgehen ist schließlich vom Begriff „Mentoring“ abgelöst worden, während die heutige Supervision von speziell für die Beratung ausgebildeten, unabhängigen Personen durchgeführt wird.
Supervision meint heutzutage also nicht den Überblick des Arbeitgebers über seine Angestellten, sondern versucht den Mitarbeitern mit beratungsmethodologischen Mitteln selbst zu einem besseren Überblick in ihrem Arbeitsalltag zu verhelfen.
Nicht nur im psychosozialen Bereich, sondern auch in der Geschäftswelt haben daher immer mehr Organisationen Interesse am Einsatz von Supervisoren, um die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und das Arbeitsklima zu verbessern.
Qualitätsstandard für Supervisoren ist von höchster Wichtigkeit
Die Zahl der Ausbildungsgänge sowie der Supervisionsangebote boomt, was für Misstrauen sorgt, denn jeder scheint sich „Coach“ nennen, Beratungen und damit auch Supervisionen anbieten zu können (NZZ-Artikel vom 14.1.2013). Daraus folgt, dass Lehrpersonen an der Seriosität und Kompetenz zweifeln, Konzepte der Supervision nicht ernst nehmen und Supervisionssitzungen für Zeitverschwendung halten. In Deutschland geht die DGSv seit 2004 mit gutem Beispiel voran und greift das Thema „Supervision und Schule“ verstärkt auf, um den Lehrpersonen die Zurückhaltung diesbezüglich zu nehmen (vgl. Artikel 2010).
Damit Supervision funktionieren kann, braucht es gut ausbildete Leiterinnen und Leiter und der Qualitätsstandard der Ausbildungen ist hoch anzusetzen. Denn ähnlich wie eine Lehrperson kompetent sein muss, um von einer Klasse als glaubwürdige Vertrauens- und Autoritätsperson wahrgenommen zu werden, so muss ein Supervisor gut geschult auftreten, um Lehrpersonen zu erreichen und ihnen allfällige Hemmungen im Austausch zu nehmen. Außerdem sind klare Strukturen wichtig, diese erleichtern ein geordnetes und zielführendes Vorgehen.
Situationsgerechte Vorgehensweise
Die unterschiedlichen Settings der Supervision, die sowohl einzeln als auch fallspezifisch in eingespielten Teams oder Gruppen von Personen, die sonst nicht zusammenarbeiten, durchgeführt werden kann, erlauben eine situationsgerechte Vorgehensweise. Im Gegensatz zu anderen Besprechungen oder Sitzungen ist in der Supervision die Themenwahl häufig frei, was Hemmungen senkt, unangenehme Situationen oder Konfliktthemen anzusprechen.
Die Supervision bietet durch die für alle Anwesenden geltende Schweigepflicht einen geschützten Rahmen, in welchem über Probleme und Belastungen gesprochen werden kann. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Supervision lernen so, lösungsorientiert mit Schwächen umzugehen.
Ziel der Supervision
Das Ziel sind Meinungs- und Werteaustausch sowie Perspektivenwechsel. Gerade in der Pädagogik kann es hilfreich sein, problematische Situationen zu schildern und die Beobachtungen und Meinungen unbeteiligter Aussenstehender zu sammeln. Beispielsweise kann eine Lehrperson mit einer unruhigen Klasse überfordert sein, deren Verhalten unkonzentriert und herausfordernd erscheint, dabei könnte schon eine kleine Änderung wie eine Anpassung der Sitzordnung zu mehr Konzentration und Aufmerksamkeit führen. In der Supervision sollen gewohnte Denk- und Handlungsmuster durchbrochen, die Problemsituation und der eigene Umgang damit reflektiert werden. Außerdem werden den Supervisanden Handlungsvorschläge und Inputs für ihre Arbeit mitgegeben, was auch Instrumente wie Methoden zum strukturierten Gesprächsaufbau in Konfliktsituationen, beispielsweise Elterngesprächen, umfasst. Weitere Ziele sind die Weiterentwicklung der Professionalität und die Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter (vgl. Artikel 2010). Supervision möchte zu mehr Wohlbefinden am Arbeitsplatz führen, denn nur wer Problemsituationen direkt angeht, anstatt sie zu überspielen, und sein Vorgehen reflektiert und optimiert, kann gute Arbeitsleistungen bringen und bewusst nach Werten handeln.
Quellenangaben